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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.07.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 279/06
Rechtsgebiete: ZPO, BErzGG, GewO, ArbGG, BGB
Vorschriften:
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 | |
ZPO § 540 Abs. 1 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
BErzGG § 18 | |
GewO § 109 Abs. 1 | |
ArbGG § 64 Abs. 1 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 | |
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
BGB § 611 | |
BGB § 615 |
Aktenzeichen: 8 Sa 279/06
Entscheidung vom 14.07.2006 Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.02.2006 - 8 Ca 2406/05 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:
Die Parteien streiten um einen zeitlich befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, um Lohnansprüche wegen Annahmeverzugs und die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses. Die Klägerin war seit dem 15. April 2001 bei der Beklagten bzw. den vorherigen Betriebsinhabern als Imbissverkäuferin in Vollzeit mit einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von zuletzt 1.431,62 € beschäftigt. Sie arbeitete manchmal in Früh-, manchmal in Spätschicht oder den ganzen Tag, jedoch mindestens 50 Stunden pro Woche. Die Beklagte beschäftigt weniger als fünf Arbeitnehmer. Bis zum 11.04.2005 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Während dieser Zeit schloss die Beklagte ihre Filiale in C-Stadt, in welcher die Klägerin zuvor gearbeitet hatte. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den umfassenden Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.02.2006 - 8 Ca 2406/05 -, ergänzt um das nachfolgend dargestellte Berufungsvorbringen, Bezug genommen. Im Gütetermin vom 21.07.2005 wurde durch Versäumnisurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 03.04.2005, zugegangen am 04.06.2005 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.07.2005 fortbestanden hat. Zugleich kam es zur Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von 1.746,95 € brutto nebst Zinsen. Nach rechtzeitigem Einspruch beantragte die Klägerin erstinstanzlich,
1. die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.07.2005 und darüber hinaus
2. Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 1.431,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 02.07.2005 zu zahlen und 715,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 02.08.2005 zu zahlen, 3. Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt. Die Beklagte hat erstinstanzlich
Aufhebung des Versäumnisurteils und insgesamt Abweisung der Klage beantragt. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 17.02.2006 das Versäumnisurteil vom 21.07.2005 über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum 15.07.2005 und zur Zahlung von 1.746,95 € brutto bestätigt sowie den Beklagten zur weiteren Zahlung von 1.431,62 € brutto und 715,81 € brutto nebst den jeweiligen Zinsen verurteilt. Die Beklagte wurde weiter zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses verpflichtet. Zur Begründung des Begehrens auf Fortbestand hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ginge man von einer Zugangsvereitelung für die Kündigung der Beklagten vom 03.04.2005 aus, wäre die Kündigung wegen Verstoßes gegen das zwingende Kündigungsverbot des § 18 BErzGG nichtig und könne auch nicht in eine Kündigung nach Ablauf der Elternzeit umgedeutet werden. Die erneute erfolglose Übersendung am 30.04.2005 könne der Klägerin nicht angelastet werden, da diese ihre neue Anschrift mit Schreiben vom 13.04.2005 mitgeteilt habe. Für die Zeit ab 24.04.2005 bestünden Ansprüche auf Annahmeverzugslohn, da es die Beklagte versäumt habe, der Klägerin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Nach der Schließung der Filiale in C-Stadt hätte es einer genauen Mitteilung des genauen Arbeitsortes der Klägerin gegenüber bedurft. Der Vortrag zur Verpflichtung einer Tätigkeitsaufnahme in U. sei unsubstantiiert. Insoweit hätte die Beklagte darlegen und unter Beweis stellen müssen, wann genau und unter welchen Umständen das entsprechende Telefonat mit der Klägerin stattgefunden habe. Nötig sei auch die Mitteilung der genauen Arbeitszeit gewesen, da die Klägerin zu unterschiedlichen Schichtzeiten und manchmal den ganzen Tag eingesetzt gewesen sei. Der Zeugnisanspruch ergäbe sich aus § 109 Abs. 1 GewO. Zur Darstellung der näheren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das vorbezeichnete Urteil (Bl. 121 bis 125 d. A.) verwiesen. Gegen das der Beklagten am 06.03.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 03.04.2006 eingelegte und am 04.05.2006 begründete Berufung. Die Beklagte bringt zweitinstanzlich weiter vor,
entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Klägerin sowohl der Einsatzort als auch die Arbeitszeit bekannt gewesen. Die Beklagte habe die Klägerin am 11.04.2005 angerufen und mitgeteilt, dass ihr neuer Einsatzort beim U., T.-Straße 110 in R.-Stadt sei. Alles Weitere wäre im Rahmen eines Gesprächs geklärt worden. Die Anforderungen des Arbeitsgerichts zur Uhrzeit des Telefonats seien überzogen. Aufgrund des Sachvortrages der Klägerin, wonach sie am 25. oder 26.04.2005 an ihrem vermeintlichen Arbeitsplatz erschienen sei, stünde fest, dass dieser - der Klägerin - sowohl der Arbeitsort als auch die Arbeitszeit bekannt gewesen seien. Im Übrigen hätte die Klägerin ihre Arbeitsleistung nach ihrer Gesundung anbieten müssen. Über die angebliche Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten, wonach die Klägerin nicht mehr zur Arbeit zu kommen brauche, hätte ebenfalls Beweis erhoben werden müssen. Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.07.2005 - 3 Ca 1898/05 - sowie des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.02.2006 - 8 Ca 2406/05 -, zugestellt am 06.03.2006, die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat
Zurückweisung der Berufung
beantragt und erwidert,
am 11.04.2005 habe es kein Telefonat zwischen den Beteiligten gegeben. Sie habe den Beklagten erstmals am 25.04.2005 erreicht. Am 26. oder 27.04.2005 sei sie - die Klägerin - zufällig zum richtigen U. in R.-Stadt gefahren, nachdem sie die Adresse selbst aus dem Internet gesucht habe. In R.-Stadt gäbe es zwei U.-Märkte. Im Übrigen bestünden ihre Ansprüche, da die Beklagte ihr - der Klägerin - keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 04.05.2006 (Bl. 147 bis 148 d. A.) und den der Klägerin vom 30.05.2006 (Bl. 159 bis 161 d. A.) Bezug genommen, zugleich wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 14.07.2006 (Bl. 165 bis 167 d. A.) verwiesen. Entscheidungsgründe:
I.
Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist jedoch nur bezüglich der von der Beklagten negierten Zahlungsansprüche gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden und damit zulässig. Hinsichtlich des weitergehenden Begehrens ist die Berufung unzulässig. Dies gilt soweit das Arbeitsgericht den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 15.07.2005 und die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses festgestellt hat. Die Berufung enthält insoweit keine argumentative Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Gründen des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Berufungsbegründungsschrift muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO nämlich erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art die Entscheidung der Vorinstanz unrichtig sein soll und welche Gründe ihr entgegenstehen (vgl. BAG, Urteile vom 16.05.1990 - 4 AZR 145/90 und vom 16.08.1991 - 2 AZR 241/90). Bezüglich der erstinstanzlich zuerkannten Zahlungsansprüche für die Zeit ab 24.04.2005 ist die Berufung unbegründet. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend erkannt, dass die Klägerin die Zahlung von 1.746,95 € brutto sowie weiterer 1.431,62 € brutto und 715,81 € brutto nebst Zinsen verlangen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer gemäß §§ 540 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab. Die Angriff der Berufung und die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer geben lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass: 1.
Soweit die Berufung ausführt, dass der Klägerin aufgrund eines Telefonats am 11.04.2005 der Einsatzort bei U. in R.-Stadt und die Arbeitszeit bekannt gewesen seien, ist dieser Sachvortrag zivilprozessual nicht geeignet, um einen Annahmeverzug der Beklagten gemäß §§ 611, 615 BGB auszuschließen. Die Klägerin hat nämlich ein entsprechendes Telefonat am fraglichen Tag bestritten und ausgeführt, dass sie den Beklagten erstmalig am 25.04.2005 erreicht habe. Dies zwingt den Beklagten spätestens im Berufungsverfahren, den Inhalt des Telefonats darzustellen und mit ordnungsgemäßem Beweisantritt zu versehen. Dies ist der Berufungsschrift selbst nicht zu entnehmen. Soweit beanstandet wird, dass das erstinstanzliche Gericht "offensichtlich noch die Angaben einer Uhrzeit für ein Telefonat haben will", wird übersehen, dass sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht auf den Zeitpunkt des Telefonats, sondern darauf beziehen, dass Ausführungen dazu vermisst werden, wann die Klägerin ihre Arbeit hätte wieder aufnehmen sollen. 2.
Aus der Tatsache, dass die Klägerin am 25. oder 26.04.2005 bei U. in R.-Stadt erschienen ist, kann die Beklagte nichts für eine aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Inanspruchnahme auf Zahlung ableiten; denn die Kläger hat hier nicht nur substantiiert eingewandt, dass sie ohne ausdrückliche Aufforderung der Beklagten (vgl. hierzu LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.01.2006, 2 Sa 307/05) an diesen Tagen zum richtigen U. in R.-Stadt gefahren sei, nachdem sie sich die Adresse selbst aus dem Internet gesucht habe sondern auch, dass sie vom Geschäftsführer sofort wieder nach Hause geschickt worden sei mit der Erklärung, er könne sie - die Klägerin - nicht mehr beschäftigten. Diesem Sachvortrag der Klägerin ist die Beklagte nur mit rechtlichen Schlüssen, nicht jedoch mit qualifiziertem Sachvortrag entgegengetreten. Eine Zeugeneinvernahme war daher unzulässig. Rechtlich ist einer Ablehnungserklärung der Beklagten auszugehen. Eine die Ansprüche der Klägerin ausschließende Annahme der Arbeitsleistung durch die Beklagte liegt nämlich nur vor, wenn diese die Leistung als Erfüllung aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis angenommen hätte (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002 = 2 AZR 650/00, AP NR. 98 zu § 615 BGB). III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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